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Apparatur und Verfahren zur Degradationsprüfung
Auslegung von Prüfverfahren für biologisch abbaubare Medizinprodukte
Entwicklungsgegenstand
Die Zielstellung des F&E-Vorhabens bestand in der Entwicklung eines In-vitro-Prüfverfahrens zur Bewertung des physikalischen und biologischen Abbaus implantierbarer resorbierbarer Medizinprodukte, pharmazeutischer Wirkstoffträger und biologischer Trägermaterialien für die Zell- und Gewebekultur.
Die Abbauprüfung erfolgt in einer modularen Prüfapparatur im Kreislaufverfahren. Ein flüssiges Prüfmedium wird aus dem Vorlaufbehälter der Prüfapparatur unter definierten Bedingungen über das zu prüfende Medizinprodukt geführt. Anschließend tritt das mit den Degradationsprodukten beladene Prüfmedium in ein Sammelgefäß über, aus welchem in regelmäßigen Zeitintervallen eine Konzentrationsbestimmung der Abbauprodukte und/ oder freigesetzten Wirkstoffe erfolgt. Aus dem Sammelgefäß wird das Medium über eine automatische Pumpvorrichtung in das Vorlaufgefäß zurückgeführt. Dieser Kreislaufprozess wird so lange fortgesetzt, bis das zu prüfende Medizinprodukt vollständig abgebaut ist oder bis eine applikationsspezifisch festgelegte Prüfdauer erreicht ist. Um auch im Falle langer Abbauzeiten eine hohe Effizienz des Prüfverfahrens zu ermöglichen, wurde der Prüfprozess parallelisiert. Dazu wurde die Prüfapparatur modular ausgelegt. Das etablierte Funktionsmuster bietet vier unabhängige, parallel arbeitende Prüfeinheiten und ist auf acht Prüfeinheiten erweiterbar.
Die Apparatur und das Verfahren wurden mit dem Ziel ausgelegt, das Abbauverhalten der geprüften Medizinprodukte unter den produktspezifischen Applikationsbedingungen genau und reproduzierbar nachzubilden. Durch eine schrittweise Optimierung von Prüfbedingungen und Prüfmedium wurde das In vitro-Verfahren an die komplexen Umgebungsbedingungen im menschlichen Körper angepasst. So soll die Wirkstofffreisetzungs- und Degradationskinetik am Implantationsort möglichst exakt nachgebildet werden. Dadurch soll ein vollständiger Verzicht von Tierversuchen im Rahmen der Zulassung einer großen Anzahl neuer Biomaterialien und Medizinprodukten ermöglicht werden.
Innovationen der entwickelten Prüfapparatur
- Ersatzverfahren für Tierversuche zur ethischen Prüfung der Degradation biologisch abbaubarer Medizinprodukte und pharmazeutischer Wirkstoffträger im Laborversuch
- Simulation der physiologischen Degradation bioresorbierbarer Medizinprodukte, wie Nahtmaterialien, Wundauflagen, Membranen, Alveolartamponaden sowie Gewebe- und Knochenersatzmaterialien unter verschiedenen Applikationsbedingungen
- Simulation der physiologischen Releasekinetik von Antibiotika, Hormonen oder anderen Substanzen aus bioresorbierbaren, implantierbaren Wirkstoffträgern
- Flexible Verfahrensanpassung an eine Vielzahl verschiedener Applikationsbedingungen und Tiermodelle
Projektergebnisse
Nach einer schrittweisen technischen Optimierung des Funktionsmusters am Beispiel hämostatischer Alveolartamponaden aus Kollagen wurden Prüfverfahren für verschiedene Klassen kollagenhaltiger Medizinprodukte etabliert. Neben Alveolartamponaden aus Kollagen sind hier insbesondere kollagenbasierte Wundauflagen, Knochenaufbaumaterialien aus Kollagen und mineralischen Zuschlagstoffen sowie antibiotische Wundeinlagen hervorzuheben. Um den zellvermittelten physiologischen Kollagenabbau im Gewebe nachzustellen, wurden zwei physiologische Prüfmedien mit verschiedenen enzymatischen Komponenten etabliert. Durch die Anpassung der Perfussionsrate und Enzymkonzentration konnte für kollagenbasierte Alveolartamponaden und Wundauflagen eine Degradationskinetik etabliert werden, welche dem physiologischen Abbau der Produkte nach Applikation im menschlichen Kiefer sehr nahe kommt. Anschließend wurde das Verfahren für verschiedene antibiotische Wundauflagen mit dem Wirkstoff Gentamicinsulfat adaptiert, wobei neben dem Nachweis des Kollagenabbaus auch ein Monitoring der Gentamicin-Freisetzung erfolgte.
Mit der Etablierung eines sauren Prüfpuffers und der Abstimmung der Enzymkomponente auf das saure Milieu konnten die Prüfbedingungen erfolgreich auf die physiologischen Abbaubedingungen in Knochendefekten abgestimmt werden. Im Gegensatz zu Prüfmedien mit einem physiologischen pH-Wert konnte für verschiedene Knochenaufbaumaterialien ein signifikanter Abbau der mineralischen Phasen beta-TCP und MBCP nachgewiesen werden, ohne die Degradationskinetik des Kollagenanteils zu beeinträchtigen. Über den pH-Wert und die Enzymkonzentration des Prüfmediums kann das etablierte Verfahren gut an verschiedene Applikationsszenarien, beispielsweise das Auffüllen von Knochendefekten im Kieferkamm, angepasst werden. Dadurch ermöglicht es auch physiologische Abbautests für kollagenbasierte Knochenersatzmaterialien mit einer keramischen Komponente.
Unter den Bedingungen einer offenen Probenapplikation erbrachten alle etablierten Prüfverfahren in-vivo-ähnliche Abbauleistungen. Die Simulation der Degradation in geschlossenen, schlecht vaskularisierten Gewebedefekten blieb dagegen erfolglos. Hierzu wurden Möglichkeiten zur Einbettung der Prüfkörper in verschiedene Polymergele erprobt. Die niedrigen Diffusionsraten in einem schlecht vaskularisierten Gewebe sind durch die Geleinbettung zwar darstellbar, aber mit dem Kreislaufkonzept des Prüfverfahrens nicht kompatibel. Mediendurchsätze von wenigen Millilitern pro Tag können in einem kontinuierlichen Kreislaufverfahren nicht generiert werden und die Analytik der Degradationsprodukte aus dem durchgesetzten Prüfmedium scheitert an der zu geringen umgesetzten Medienmenge. Deshalb sollte zur Abbildung stark limitierender Abbaubedingungen besser ein statisches Prüfverfahren, beispielsweise mittels Einguss der Prüfkörper in ein Alginat- oder Agarosegel und räumlicher Beprobung des resultierenden Gradienten freigesetzter Wirkstoffe oder Abbauprodukte durch Stanzproben aus dem Einbettmedium etabliert werden.
Ausblick
Mit Hilfe des F&E-Projektes konnten wertvolle Erkenntnisse für die Auslegung effizienter In-vitro-Prüfverfahren zum Degradationsnachweis biologisch abbaubarer Medizinprodukte gewonnen werden. Es konnte nachgewiesen werden, dass der verfolgte Verfahrensansatz in der Lage ist, die Degradations- und Wirkstofffreisetzungskinetiken verschiedener kollagenbasierter Medizinprodukte und pharmazeutischer Wirkstoffträger im menschlichen Körper für geeignete Applikationsbedingungen gut und flexibel nachzubilden. Für eine direkte Kommerzialisierung des Verfahrens ist der erzielte Reifegrad von Prüfapparatur und Verfahren jedoch noch zu gering. Aus ökonomische Gründen ist eine deutliche Miniaturisierung der Prüfapparatur erforderlich und wichtigen Aspekten der Sterilität und Medientemperierung, die im Projektrahmen identifiziert wurden, ist Rechnung zu tragen. Aktuell sucht das ILK Dresden nach Partnern für die gezielte und applikationsspezifische Weiterentwicklung und Diversifizierung des etablierten Verfahrens.
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