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Entwicklung von Handlungsempfehlungen für praxisgerechte Lüftungskonzepte und Entwicklung eines CO2-Berechnungstools
Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR)
11/2017 - 03/2019
Dr.-Ing. Ralph Krause
+49-351-4081-5318
Planungsinstrumente und Bewertungsgrundlagen für Unterrichtsräume
Im Rahmen der Weiterentwicklung des Bewertungssystems Nachhaltiges Bauen (BNB) bzw. des BNB-Kriteriensteckbriefs „Innenraumlufthygiene“ wurde für den Aspekt „Kohlendioxidgehalt“ eine Lücke an praxisorientierten Planungsinstrumenten und Bewertungsgrundlagen für Räume erkannt, die teilweise oder ausschließlich über Fenster be- und entlüftet werden. Dies gilt insbesondere für Räume mit hohen Personenzahlen wie beispielsweise Unterrichtsräume und Besprechungszimmer. Die Einhaltung der Anforderungen aus der 2012 neu eingeführten Arbeitsstättenrichtlinie "ASR A3.6 Lüftung" ist für diese Räume mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden, vor allem unter gleichzeitiger Berücksichtigung des thermischem Komforts und der Nutzerfreundlichkeit. Hieraus erwächst der Bedarf an Informationen zu funktionierenden Lüftungskonzepten und einem transparenten CO2-Berechnungstool als überschlägiges Planungs- und Bewertungsinstrument im Sinne des Nachhaltigen Bauens sowie anschaulichen Handlungsempfehlungen für unterschiedliche Lüftungskonzepte und Raumkonstellationen.
Ausgangslage
Um den zukünftigen Anforderungen an ganzheitlich optimierte Gebäude gerecht zu werden, hat das Bundesbauministerium für Bundesgebäude den Leitfaden Nachhaltiges Bauen im Bewertungssystem Nachhaltiges Bauen (BNB) entwickelt. Dieser ist seit Oktober 2013 für Bundesbauten verpflichtend und wurde zuletzt 2017 überarbeitet und weiterentwickelt. Hinsichtlich der Innenraumlufthygiene werden im Abschnitt 3.1.3 insbesondere Verunreinigungen der Innenraumluft durch Schadstoffe aus Bauprodukten und durch Kohlendioxidemissionen der Raumnutzer betrachtet.
Weiterhin werden auch die mikrobiologische und die geruchliche Situation thematisiert. Für die Bewertung der CO2-Konzentration erfolgt eine Orientierung an den Raumluftqualitätsklassen der DIN EN 13779. Unter Hinweis auf die Anforderung der Arbeitsstättenrichtlinie ASR 3.6 „Lüftung“ und die AIR-Leitwerte, wonach eine CO2-Konzentration von 1000 ppm als „hygienisch unbedenklich“ gilt, wird abgeleitet, dass die Raumluftqualitätsklasse IDA 2 nach DIN EN 13779 das Maß für die Anforderungen darstellt. Für die freie Lüftung in Räumen, die durch mehr als 3 Personen genutzt werden, gelten zusätzliche Bonus- und Malus-Regelungen.
Für die Bewertung der CO2-Konzentration wird auf folgende Normen bzw. Rechenansätze verwiesen:
- Luftvolumenströme durch offene Fenster nach DIN EN 15242 und
- CO2-Konzentration im Raum nach Recknagel /Sprenger bzw. nach VDI 6040-2
Fachdiskussionen und Praxiserfahrungen zeigen, dass insbesondere bei Räumen mit einer hohen Personenzahl Probleme hinsichtlich der CO2-Gehalte in der Innenraumluft und ggf. des thermischen Komforts aufgrund von nicht optimaler Raumlüftung bestehen. Das betrifft insbesondere die Fensterlüftung und die hybride Lüftung, aber auch die mechanische Lüftung. Offensichtlich decken die normativen Vorgaben für personenbezogene Außenluftvolumenströme nicht alle erforderlichen Parameter angemessen ab.
Forschungsziel
Im Ergebnis des Forschungsvorhabens sollen Instrumente geschaffen werden, mit denen am konkreten Anwendungsfall von Unterrichtsräumen die Bewertung der Raumluftqualität auf Basis der CO2-Konzentration und die Überprüfung der verschiedenen Lüftungskonzepte erleichtert wird. Unterstützt werden sollen damit BNB-Anwender (Bauverwaltungen, BNB-Koordinatoren und Konformitätsprüfstellen) aber auch andere Baubeteiligte wie z.B. Architekten, Planer und Ausführende.
Stand der experimentellen Untersuchungen
Grundlage der Untersuchungen ist die Abbildung des Ausschnittes eines Unterrichtsraumes. Hierzu wurde das Raumströmungslabor des ILK in zwei Bereiche geteilt, so dass ein Bereich „Klassenzimmer“ und ein Bereich „außen“ vorliegen. Beide Bereiche besitzen voneinander getrennt zu steuernde Belüftungskreisläufe, und die Umschließungswände sind temperierbar.
Der Klassenzimmerausschnitt ist so gewählt, dass eine Fläche von ca. 2,2 m² pro Schüler zur Verfügung steht. Die Schüler werden durch Wärmeabgabe von ca. 90 W pro Person und CO2-Abgabe von ca. 19 l pro Person abgebildet, wobei ein Gemisch von CO2 und Druckluft erzeugt wird, das als „Atemluft“ jedem Personensimulator zugeführt wird.
Eingesetzte Messtechnik
Zur Abbildung der Vorgänge im Raum werden folgende Sensoren eingesetzt bzw. Messgrößen erfasst:
- 27 Temperatursensoren PT100; an jedem Platz befindet sich ein Sensor, im Raum sind über der Höhe nahe der Fensterfront 9 Sensoren und an der gegenüberliegenden Wand 6 Sensoren angebracht
- Zur Erfassung der CO2-Konzentration sind in den Zuluft- und Abluftkanälen je ein Sensor und im Raum 7 CO2-Sensoren verteilt (4 als Einzelsensoren im Aufenthaltsbereich, 3 zur Messung des Mischzustandes in 3 Raumebenen).
- 1 Behaglichkeitsmessplatz mit Sensoren für Temperatur, Geschwindigkeit, Feuchte, Strahlung.. in den Ebenen Kopf – Brust – Füße
- Leistungsmessung der Wärmeabgabe der Schüler
- Feuchtemessung an 2 Positionen im Raum
- Erfassung und Aufzeichnung von Temperatur, Druck und Volumenstrom der zu- und abgeführten Luftströme
Versuchsprogramm
Zunächst wurden sämtliche interessierende Parameter ermittelt und die sich daraus ergebenden Kombinationsmöglichkeiten in einer Variantenmatrix erfasst. Folgende Parameter werden variiert:
- Fenstertyp
- Fensteröffnung und Anzahl der zu öffnenden Fenster
- Temperatur außen
- Windeinfluss
- Kombination mit mechanischer Lüftung
- Strahlung
Für eine Vielzahl möglicher Kombinationen erfolgten stationäre Versuche, indem bis zu einem Maximalwert das CO2 im Raum aufkonzentriert wurde, anschließend erfolgte die jeweilige Fensteröffnung bis zum Erreichen eines stationären Verlaufes des CO2-Gehaltes im Raum.
Außerdem wurden Messungen durchgeführt, bei denen ein Schultag von 8 Unterrichtsstunden mit den entsprechenden Pausen nachgebildet wurde. Für unterschiedliche Außenbedingungen – Sommer – Übergangszeit – Winter – wurden entsprechend angepasste Öffnungsszenarien festgelegt und die Messgrößen für diese drei instationären Fälle erfasst.
Ergebnisse
Für alle Versuchsvarianten liegen die Messwerte vor und wurden in Diagrammen dargestellt. Außerdem erfolgten vergleichende Darstellungen unter verschiedenen Gesichtspunkten, um Zusammenhänge zu verdeutlichen.
Vorranggig dienen die Messergebnisse zur Bestimmung der Volumenströme infolge der Fensteröffnung. Diese werden zum Vergleich mit den Werten nach den geltenden Normen herangezogen. Des Weiteren finden sie Eingang in das CO2-Berechnungstool bzw. die Handlungsempfehlung, die im Ergebnis des Projektes für Anwender als Werkzeuge zur Bewertung der Raumluft und zur Überprüfung von Lüftungskonzepten bereitgestellt werden.
Zukünftige Arbeiten
Aktuell wir an der Entwicklung des CO2-Berechnungstool als überschlägiges Planungs- und Bewertungsinstrument im Sinne des Nachhaltigen Bauens gearbeitet. Außerdem wird eine anschauliche Handlungsempfehlung zur gesamten Thematik erstellt, welche von Architekten, Planer und Ausführende genutzt werden kann.
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